Oktober 2000

Tom Koesel



Two-to-One-Virus - Versuche im Selfkant

Vernissage und Vorstellung der Vereinsedition:
Sonntag, 15. Oktober 2000, 11:30 Uhr

Einführung: Klaus Fleming, Mönchengladbach

Fotomontage

"Flap", "Tack", "Evel", "Ejem" lauten vier der zahlreichen Begriffe, die vom 15. Oktober an in plastischer Form die Räume des Kunstvereins Region Heinsberg besiedeln. Der in Köln lebende Künstler Tom Koesel führte seit Mai diesen Jahres eine Recherche durch, die zur "Wortermittlung" typischer Begriffe diente und präsentiert nun im Rahmen der Ausstellung "Two-to-One-Virus - Versuche im Selfkant" Objekte, die das gefundene Wortmaterial künstlerisch reflektieren. Bewohnern des Heinsberger Landes dürften die Begriffe vertraut sein, handelt es sich doch um Wörter, die auch heute noch vereinzelt das Sprachbild der hiesigen Region prägen.

Wesentlich bei der Reflexion der einzelnen Begriffe ist ein gezielt eingesetztes Computervirus, das Einfluss auf die Darstellung von Wörtern nimmt. Das 1997 entdeckte, sog. "Two-to-One-Virus" verändert in grafisch ausgerichteten Schriftprogrammen die Anordnung der Buchstaben und stellt sie als dreidimensionale Objekte dar. Darüber hinaus greift das Virus dergestalt in die Wortsubstanz ein, dass lediglich noch Wörter mit vier oder einer geraden Anzahl Buchstaben existieren, wohingegen andere entweder verkürzt oder entsprechend verlängert werden.

Ausgehend von diesen komplexen Eingriffen in die Wortsubstanz entwickelt Koesel vergleichbare Arbeiten, die die Transformation durch das Virus fortführen. Das einstmals

gesprochene und niedergeschriebene Wort, das vom Virus befallen seine Gestalt geändert hat, erscheint nunmehr als großes plastisches Gebilde im Raum. "Fitz", "Prie", "Haam", "Schaap" sowie "Eerpel" spielen, wie die bereits genannten Begriffe "Flap", "Tack", "Evel" und "Ejem" mit der Fantasie der Betrachter, die nicht nur aufgefordert sind, die in plastische Form umgesetzten Wörter zu entziffern, sondern auch ihre Bedeutung zu ergründen. Dazu lädt die "Studierstube" im oberen Raum des Kunstvereins ein, wo neben Videos zahlreicher Interviews mit Bewohnern des Selfkant-Gebietes auch Nachschlagewerke die Rätsel der vermeintlichen Geheimschrift lüften.

Einzelne der veränderten Begriffe werden als

Modelle für Plastiken im Außenraum vorgestellt. In mehrfach vergrößerter Form sollen sie temporär an verschiedenen Plätzen der Region Heinsberg, etwa vor dem Rathaus, positioniert werden. Eine Fotocollage ermöglicht den visionären Blick auf diese Situation. Der Kunstverein sucht noch Sponsoren, die als "Paten" einzelner Begriffe in Erscheinung treten. (Kontakt: Kunstverein Heinsberg Tel.: 02452/65598)

Die Ausstellung "Two-to-One-Virus - Versuche im Selfkant" von Tom Koesel basiert auf der Erkenntnis, dass die Sprache im Heinsberger Land sowie im Selfkant-Gebiet einer permanenten Veränderung unterlegen ist. Die Nähe zur Grenze wie auch wirtschaftliche Umstrukturierungen haben

einen permanenten Wandel von Sprache zur Folge, der manchen ursprünglichen Begriff in Vergessenheit geraten lässt. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Ausstellung als künstlerisch motivierte Revitalisierung des Kulturgutes Sprache.

Bei der Vereinsedition "Selfkanttransformationen" handelt es sich um einen Holzdruck auf Papier nach einem Schattenwurf eines der ausgestellten Wortobjekte. Die limitierte Edition führt den Gedanken der Transformation konsequent weiter.

Dr. Christian Krausch